Re: Dorsch News
Verfasst: 27. Jan 2017, 14:10
....ich habe auch eine Antwort bekommen - in Teilen persönlich, in Teilen vorgefertigt. Wer Interesse hat - hier mal meine Kritik, Ihre Antwort und meine heutige Antwort.....
Sehr geehrte Frau Rodust,
es ist widerlich zu sehen, wie der einfache Bürger von der Politik wieder mal betrogen wird.
Erst werden den Meeresanglern an der Ostsee Fangbeschränkungen aufgrund von durchaus fragwürdigen Bestandserhebungen aufgedrückt. Kaum wedelt aber die Berufsfischerlobby mit dem Finger (oder etwa doch dem Geldbeutel??), findet sich ein scheinheiliges Schlupfloch.
Wenn Sie als Politikerin sich mal intensiver mit der Problematik beschäftigen würden, wäre auch Ihnen klar, dass die tatsächlichen und einzigen Schuldigen für die Überfischung der Fischbestände in der Ostsee nur und wirklich ausschließlich nur die Berufsfischer sind.
Es gibt umfangreiches Videomaterial vom Fisch verachtendem Umgang mit den Fängen. Fische die zu klein sind werden in Massen tot entsorgt - der nächste Hol könnte ja besser werden, maßige Fische die tot im Stellnetz hängen werden ebenfalls entsorgt - ohne sich auf die Fangquote auszuwirken. Die Fangmengen der Hobbyangler werden dagegen großzügigst und völlig realitätsfern nach oben gerechnet.
Es ist ökologisch katastrophal, dass die Politik sich vor den Karren der Berufsfischer spannen lässt. Leider beschäftigt sich die Öffentlichkeit auch zu wenig mit den wahren Details in dieser Thematik, so dass Sie wenig Auswirkungen auf Ihre Wählerstimmen befürchten müssen. Sie verkaufen es positiv - Arbeitsplätze gerettet, alles gut gemacht.
Sie als Politikerin haben aber die Verantwortung im Sinne Ihrer Wähler / aller Bürger zu entscheiden und nicht nur im Sinne der Parteispenden zahlenden Lobbyisten.
Sie haben moralisch die Pflicht sich genau zu informieren, bevor Sie eine derart tiefgreifende Entscheidung fällen und den letzten Dorschen in der Ostsee den Garaus machen.
Schämen Sie sich.
Ich erhielt zu meiner Überraschung relativ schnell eine Antwort, die ich aber hier nicht im Originalwortlaut einstellen möchte.
Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, handelte es sich in großen Teilen um eine Standartantwort - geschrieben von einer Assistentin. Vermutlich ist eine individuelle Beantwortung aufgrund der Vielzahl an kritischen Emails und Beschwerden nicht machbar. Insofern gehe ich davon aus, dass der Inhalt der kritischen Emails auch nicht bis zu Frau Rodust durchdringt, zumindest aber nicht wirklich Ernst genommen wird oder mal zum Nachdenken anregt. Leider..... Solange immer noch genug Bürger diese Politik durch Abgabe / oder auch Nichtabgabe Ihrer Wahlstimmen unterstützen oder aber zumindest klaglos hinnehmen, wird sich auch nichts ändern.
Hier die sinngemäße Antwort von Frau Rodust.
Frau Rodust verwahrt sich dagegen, dass sie betrügen würde oder käuflich wäre - auf eine mögliche Beeinflussung der Entscheidung durch Interessenvertreter der Fischereilobby geht Sie nicht konkret ein. Sie möchte aber trotzdem auf meine Kritik eingehen....und einiges klar stellen.
Dann folgt die bekannte Standartantwort, dass Sie Mitglied des Euroäischen Parlaments ist und dort in der Fischereipolitik tätig ist - sich auch deshalb immer gut informieren würde. Sie begrüsst die neue Anlandeverpflichtung um den nicht kontrollierbaren Rückwürfen entgegen zu wirken.
Sie hat als Moderatorion die "Runden Tische zu Zukunft der Ostseefischerei" organisiert und war immer bemüht sicherzustellen, dass kein zu hohe "politische Quote" beschlossen wird. Nach Ihrem Empfinden war dann auch die Dorsch - Quote für 2017 äußerst drastisch gekürzt worden... Auch die Schonzeit im Februar März erwähnt Sie nochmal als Erfolg. Im Flachwasser befindliche Dorsche wäre aber lt. den Fischereiministern nicht zu schützen....
Die Entscheidung der Fischereiminister für die kleine Küstenfischerei eine Ausnahmegenehmigung zu erlassen, erfolgte unter 2 Voraussetzungen. Es darf nur flacher als 20Meter Wassertiefe gefischt werden und nur Boote bis 15Meter Länge dürfen genutzt (und bei diesen auch keine leistungsfähigen Schleppnetze). Alle Boote von 12-15m Länge müssen zudem verpflichtend VMS haben.
Dann erwähnt Sie noch, dass die Berufsfischerei schon immer unter Quotierungen fiel - die Freizeitfischerei hingegen bisher ohne Fanglimit dem Meer einen immer größeren Teil des Gesamtbestandes entnehmen konnte. Außerdem müssen die Freizeitfischer das Angeln nicht komplett einstellen sondern lediglich eine Fangbegrenzung hinnehmen.
Sie sieht Ihre Aufgabe als Politikerin als Suche nach Ausgleich und Kompromissen und steht deshalb im Dialog mit den Fischereiverbänden und mit den Angelverbänden. Beispielhaft benannte Sie auch die Anwesenheit der Vetreter vom Deutschen Angelfischerverband und dem Landessportfischerverband beim „Runden Tischen zur Zukunft der Ostseefischerei“.
Meine heutige Antwort:
Sehr geehrte Frau Rodust,
herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung zu meinem kritischem Kommentar, mit der ich ehrlich gestanden nicht gerechnet hätte.
Ich danke Ihnen auch für die detaillierte Beantwortung einzelner Kritikpunkte, auf die ich aber gerne nochmal näher eingehen möchte.
Vorweg möchte ich sagen, dass ich Angler bin - also direkt von der Thematik betroffen bin. Aber es kann ja nicht schaden, wenn Sie auch mal die Sichtweise eines Einzelnen - der aber im Namen von vielen Anglern spricht - kennenlernen, denn die in die Gespräche einbezogenen Anglerverbände vertreten schon lange nicht mehr die breite Meinung der angelnden Bürger.
Sie kritisieren - völlig zurecht - die verschwenderische Praxis der (nicht dokumentierten / nicht prüfbaren) Rückwürfe. Diesem Missstand aber nun mit einer - sicherlich gut gemeinten - Anlandeverpflichtung gegenüber zu treten ist aus meiner Sicht falsch. Schauen Sie sich einfach mal persönlich die Zustände vor Ort in den Häfen an. Mich erreichten z.B. jüngst Bilder aus den Niederlanden, auf denen unzählig viele junge Plattfische aller Arten in einem großen Müllcontainer gesammelt waren und der Vernichtung zugeführt wurden. Und dieses ist in jedem Anlandehafen der Fall. Ein durchaus noch nennenswerter Teil dieser getöteten Fische hätte einen Rückwurf durchaus überlebt. Besser wäre es allerdings, wenn dieser Beifang erst gar nicht entstehen würde. Darum muss es doch vielmehr, ja einzig und allein, gehen.
Die gut gemeinte Anlandeverpflichtung hat also als Nebeneffekt zur Folge, dass noch mehr untermaßige - ökologisch wertvolle - Jungfische in Massen aufgrund einer politischen EU Verordnung vernichtet werden. Zu glauben, dass die kommerzielle Fischindustrie nun insgesamt aber weniger Tonnen an Fisch anlandet / vernichtet ist sehr leichtgläubig. Es geht hier um viel Geld, es geht auch um Existenzen die finanziert werden müssen - also wird man kreativ. Ich glaube daher nicht daran, dass diese Maßnahme einen echten Beitrag zur Verbesserung der Bestände einbringt - ganz im Gegenteil.
Ein deutlich besserer Weg wäre es, ganz gezielt in die Fangmethoden der Fischereiindustrie einzugreifen - z.B. durch deutlich größere Maschenweiten, oder durch Beschneidung der Fangtechniken, der Fanggebiete. Der langfristige, ökologische Schaden den die Schleppnetzfischerei in Küstenmeeren verursacht ist immens - ganz im Gegenteil übrigens zur Freizeitfischerei. Die angesprochenen Maßnahmen würden natürlich nicht auf Gegenliebe bei den Fischereiunternehmen stoßen. Aber wenn es Ihnen (also der Politik) ernsthaft um Änderungen und höhere Nachhaltigkeit geht, müssen große Dinge geändert werden. Und zwar schnell, es ist fünf vor zwölf und jedes Jahr in dem nur rumgeeiert wird ist eines zu viel.
Sie schreiben von der Verpflichtung der Fischereiminister, Fangquoten nur innerhalb sicherer Grenzen festzulegen. Eine gute Sache, wenn sie denn auch wirklich umgesetzt werden würde.
Die tatsächlich gewährten Quoten werden aber seit Jahren immer über den strengen wissenschaftlichen Empfehlungen angesiedelt - mit dem bekannten Ergebnis, dass die Dorschbestände der Ostsee mittlerweile vor dem Kollaps stehen. Wie ich schon in meiner ersten Kritik schrieb, wurden nun aktuell den Anglern völlig abstruse Fangmengen beim Ostseedorsch unterstellt, die nun durch das Bag Limit reguliert werden. Es handelt sich um ein politisches - vermutlich durch die Fischereiindustrie initiiertes - Malen nach Zahlen.
Durch diese "Maßnahme" entsteht natürlich ein scheinbar schöner Effekt auf die Fangquote, so dass im Gegenzug bei der Vergabe der Quote für die Berufsfischer nicht "so hart" angepackt werden muss. Wenn Sie aber persönlich mal einen Angeltörn auf einem der (jetzt sterbenden) Ostsee Angelkutter unternommen hätten, wüssten Sie, dass die unterstellten Fangmengen völlig an den Haaren herbei gezogen sind. Gleiches gilt im übrigen auch für die populäre Brandungsangelei an den Stränden der Ostsee. Es kommt so gut wie nie vor, dass ein Angler an einem Tag tatsächlich 3-5 maßige Dorsche fangen kann.
In der Praxis ist tatsächlich so, dass nur die allerwenigsten Angler in den vergangenen Jahren die jetzt im Bag Limit geregelte Maximalfangemenge pro Tag überhaupt für sich verbuchen konnten. Da die Fangmengen nun aber gesetzlich geregelt sind, bleiben die regional wichtigen Angeltouristen - die zum Teil sogar aus dem Süden Deutschlands angereist sind - aus. Inhaltlich sicher nicht nachvollziehbar, weil die Angler ja auch früher nicht so viel gefangen hatten. Da man aber an einem (so gut wie nie vorkommenden) "Sternstundentag" dann nach dem 3. oder 5. maßigem Fisch mit dem Angeln aufhören muss, führt es dazu, dass die Angeltouristen auf die kostspielige Reise lieber verzichten. Die Folge wird sein, dass die Angelei vom Kutter in sehr kurzer Zeit aussterben wird - incl. der meisten betroffenen Familienbetriebe. Weitere Auswirkungen im touristischen Bereich sind unvermeidlich - schwer zu verdauen für eine Region, für die der Tourismus ein durchaus wichtiger Wirtschaftsfaktor ist.
Das Problem der Überfischung durch Maßregelungen bei Meeresanglern - auch nur anteilig - in den Griff bekommen zu wollen ist also schlicht und einfach nicht möglich, da der tatsächliche geplante Effekt überhaupt nicht vorhanden sein wird. Mir ist es schleierhaft, warum diese Erkenntnis der Politik nicht bekannt sein sollte.
Es ist allerdings so, dass viele regionale Angler die Bag Limit Regulierung - wenn auch kopfschüttelnd - in Kauf nehmen. Einerseits wirkt es sich aufgrund der sowieso nicht gegebenen Fangmengen in der Praxis ja nicht aus und andererseits ist man natürlich auch bereit seinen geforderten Beitrag zum Schutz des Dorsches beizutragen.
Ein guter, weil wirkungsvoller, Beitrag zum Schutz des Dorsches war allerdings die Schonzeit im Februar und März. Dieses war bekanntermaßen ein Beitrag, der vor allem bei der Berufsfischerei zu Einschränkungen führen würde. Und genau an diesem sehr wirkungsvollem Punkt wurde nun wieder ein Rückschritt gemacht. Das ist für uns Angler nicht nachvollziehbar. Dieser Salto rückwärts wird damit begründet, dass Dorsche nur in Tiefen über 20 Meter ablaichen und demnach die Dorsche, die sich in geringeren Tiefen aufhalten, nicht des Schutzes bedürfen.
Verzeihen Sie mir die Ironie, aber mir ist nun nicht bekannt, dass Dorsche einen eingebauten Tiefenmesser besitzen und wissen, dass sie im Februar und März besser nicht in Tiefen von unter 20 Meter schwimmen sollten. Bisher war das zumindest nicht so und es wurden und werden sehr wohl Dorsche mit deutlichem Laichansatz in den besagten flacheren Gewässertiefen gefangen. Und ein Dorsch mit Laich im Bauch, der auf 18 Meter Nahrung suchte und gefangen wurde, kann auf 30 Meter anschließend auch nicht mehr ablaichen.
Es handelt sich hier aus meiner Sicht daher nur um ein Scheinargument dem Sie folgen, welches sicherlich aus der kommerziellen Ecke vorgetragen wurde. Zumal eine tatsächliche Kontrolle über die Einhaltung der Tiefenvorgaben auch in der Praxis und auch mit VMS überhaupt nicht wirkungsvoll stattfinden kann und wird. Das zeigt die aktuelle Praxis bei der Stellnetzfischerei an deutschen Küsten, wo ganze Strandabschnitte in deutlich zu kurzem Abstand zur Küste von Stellnetzfischern zugestellt werden. Es kümmert keinen Behördenvertreter, sogar braun gefärbte Meerforellen werden wie selbstverständlich entnommen.
Ich kann durchaus nachvollziehen, dass auch Ihr Job als Politikerin nicht einfach ist. Insofern bitte ich um Entschuldigung, wenn meine Kritik Sie persönlich zu sehr getroffen hat.
Sie können es nicht allen Menschen und allen Interessen im gleichen Maße Recht machen, an dem Versuch würden Sie scheitern. Das aber müssen Sie auch nicht - aus meiner Sicht sollten Sie als Politikerin nicht primär darum bemüht sein Kompromisse zu suchen. Vielmehr sollten Sie und die Fischereiminister in diesem Fall - auch gegen große Widerstände - darauf drängen, dass die richtigen Maßnahmen zum Schutz und Wiederaufbau der Dorschbestände gefunden und auch konsequent umgesetzt werden. Völlig unabhängig von wirtschaftlich geprägten Interessen der Fischindustrie. Sie haben einen politischen Auftrag von Ihren Wählern erhalten, diesem und nur diesem müssen Sie gerecht werden.
Nur solange noch ausreichend Fisch vorhanden ist, kann man sich mit halbgaren Kompromissen über Wasser halten. Wenn es aber irgendwann in naher Zukunft zu spät ist und der Dorschbestand kommerziell zugrunde gefischt wurde, gibt es kein Zurück mehr. Beispielhaft sind die verschwundenen Dorschbestände vor der amerikanischen Ostküste (Cape Cod). Auch dort wurde so lange nach der Pfeife der Fischindustrie getanzt, bis es zu spät war. Aber man muss überhaupt nicht über den großen Teich schauen. Auch in der dänischen Ostsee (z.B. vor Djursland) ist schon seit Jahren von Anglern kaum noch ein Dorsch vom Ufer aus zu erbeuten. Der dortige Bestand wurde schon vor Jahren "erfolgreich" von der kommerziellen Fischerei vernichtet.
Und diese Sorge umtreibt uns Angler mehr und mehr. Erst werden auf Basis von nicht realistischen Fangzahlen nicht nachvollziehbare Kompromisse bei der (deshalb auch weiterhin zu hohen) Quotenvergabe getroffen und den Anglern ein Bag Limit auferlegt und plötzlich wird - ohne Not - ausschließlich im Sinne der kommerziellen Fischerei die sinnvolle Schonzeitenregelung wieder stark aufgeweicht.
Mir wird Angst und Bange, wenn ich sehe wie die letzten Dorschbestände der Ostsee - mit Unterstützung der Politik - systematisch überfischt und vernichtet werden.
Mit freundlichen Grüßen.
Stefan
Vermutlich interessiert es keinen Menschen in unserer politischen Landschaft, da eben andere, monetäre Interessen im Vordergrund stehen. Mir geht´s aber besser, dass ich meinen Brass mal jemanden um die Ohren hauen konnte.
Sehr geehrte Frau Rodust,
es ist widerlich zu sehen, wie der einfache Bürger von der Politik wieder mal betrogen wird.
Erst werden den Meeresanglern an der Ostsee Fangbeschränkungen aufgrund von durchaus fragwürdigen Bestandserhebungen aufgedrückt. Kaum wedelt aber die Berufsfischerlobby mit dem Finger (oder etwa doch dem Geldbeutel??), findet sich ein scheinheiliges Schlupfloch.
Wenn Sie als Politikerin sich mal intensiver mit der Problematik beschäftigen würden, wäre auch Ihnen klar, dass die tatsächlichen und einzigen Schuldigen für die Überfischung der Fischbestände in der Ostsee nur und wirklich ausschließlich nur die Berufsfischer sind.
Es gibt umfangreiches Videomaterial vom Fisch verachtendem Umgang mit den Fängen. Fische die zu klein sind werden in Massen tot entsorgt - der nächste Hol könnte ja besser werden, maßige Fische die tot im Stellnetz hängen werden ebenfalls entsorgt - ohne sich auf die Fangquote auszuwirken. Die Fangmengen der Hobbyangler werden dagegen großzügigst und völlig realitätsfern nach oben gerechnet.
Es ist ökologisch katastrophal, dass die Politik sich vor den Karren der Berufsfischer spannen lässt. Leider beschäftigt sich die Öffentlichkeit auch zu wenig mit den wahren Details in dieser Thematik, so dass Sie wenig Auswirkungen auf Ihre Wählerstimmen befürchten müssen. Sie verkaufen es positiv - Arbeitsplätze gerettet, alles gut gemacht.
Sie als Politikerin haben aber die Verantwortung im Sinne Ihrer Wähler / aller Bürger zu entscheiden und nicht nur im Sinne der Parteispenden zahlenden Lobbyisten.
Sie haben moralisch die Pflicht sich genau zu informieren, bevor Sie eine derart tiefgreifende Entscheidung fällen und den letzten Dorschen in der Ostsee den Garaus machen.
Schämen Sie sich.
Ich erhielt zu meiner Überraschung relativ schnell eine Antwort, die ich aber hier nicht im Originalwortlaut einstellen möchte.
Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, handelte es sich in großen Teilen um eine Standartantwort - geschrieben von einer Assistentin. Vermutlich ist eine individuelle Beantwortung aufgrund der Vielzahl an kritischen Emails und Beschwerden nicht machbar. Insofern gehe ich davon aus, dass der Inhalt der kritischen Emails auch nicht bis zu Frau Rodust durchdringt, zumindest aber nicht wirklich Ernst genommen wird oder mal zum Nachdenken anregt. Leider..... Solange immer noch genug Bürger diese Politik durch Abgabe / oder auch Nichtabgabe Ihrer Wahlstimmen unterstützen oder aber zumindest klaglos hinnehmen, wird sich auch nichts ändern.
Hier die sinngemäße Antwort von Frau Rodust.
Frau Rodust verwahrt sich dagegen, dass sie betrügen würde oder käuflich wäre - auf eine mögliche Beeinflussung der Entscheidung durch Interessenvertreter der Fischereilobby geht Sie nicht konkret ein. Sie möchte aber trotzdem auf meine Kritik eingehen....und einiges klar stellen.
Dann folgt die bekannte Standartantwort, dass Sie Mitglied des Euroäischen Parlaments ist und dort in der Fischereipolitik tätig ist - sich auch deshalb immer gut informieren würde. Sie begrüsst die neue Anlandeverpflichtung um den nicht kontrollierbaren Rückwürfen entgegen zu wirken.
Sie hat als Moderatorion die "Runden Tische zu Zukunft der Ostseefischerei" organisiert und war immer bemüht sicherzustellen, dass kein zu hohe "politische Quote" beschlossen wird. Nach Ihrem Empfinden war dann auch die Dorsch - Quote für 2017 äußerst drastisch gekürzt worden... Auch die Schonzeit im Februar März erwähnt Sie nochmal als Erfolg. Im Flachwasser befindliche Dorsche wäre aber lt. den Fischereiministern nicht zu schützen....
Die Entscheidung der Fischereiminister für die kleine Küstenfischerei eine Ausnahmegenehmigung zu erlassen, erfolgte unter 2 Voraussetzungen. Es darf nur flacher als 20Meter Wassertiefe gefischt werden und nur Boote bis 15Meter Länge dürfen genutzt (und bei diesen auch keine leistungsfähigen Schleppnetze). Alle Boote von 12-15m Länge müssen zudem verpflichtend VMS haben.
Dann erwähnt Sie noch, dass die Berufsfischerei schon immer unter Quotierungen fiel - die Freizeitfischerei hingegen bisher ohne Fanglimit dem Meer einen immer größeren Teil des Gesamtbestandes entnehmen konnte. Außerdem müssen die Freizeitfischer das Angeln nicht komplett einstellen sondern lediglich eine Fangbegrenzung hinnehmen.
Sie sieht Ihre Aufgabe als Politikerin als Suche nach Ausgleich und Kompromissen und steht deshalb im Dialog mit den Fischereiverbänden und mit den Angelverbänden. Beispielhaft benannte Sie auch die Anwesenheit der Vetreter vom Deutschen Angelfischerverband und dem Landessportfischerverband beim „Runden Tischen zur Zukunft der Ostseefischerei“.
Meine heutige Antwort:
Sehr geehrte Frau Rodust,
herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung zu meinem kritischem Kommentar, mit der ich ehrlich gestanden nicht gerechnet hätte.
Ich danke Ihnen auch für die detaillierte Beantwortung einzelner Kritikpunkte, auf die ich aber gerne nochmal näher eingehen möchte.
Vorweg möchte ich sagen, dass ich Angler bin - also direkt von der Thematik betroffen bin. Aber es kann ja nicht schaden, wenn Sie auch mal die Sichtweise eines Einzelnen - der aber im Namen von vielen Anglern spricht - kennenlernen, denn die in die Gespräche einbezogenen Anglerverbände vertreten schon lange nicht mehr die breite Meinung der angelnden Bürger.
Sie kritisieren - völlig zurecht - die verschwenderische Praxis der (nicht dokumentierten / nicht prüfbaren) Rückwürfe. Diesem Missstand aber nun mit einer - sicherlich gut gemeinten - Anlandeverpflichtung gegenüber zu treten ist aus meiner Sicht falsch. Schauen Sie sich einfach mal persönlich die Zustände vor Ort in den Häfen an. Mich erreichten z.B. jüngst Bilder aus den Niederlanden, auf denen unzählig viele junge Plattfische aller Arten in einem großen Müllcontainer gesammelt waren und der Vernichtung zugeführt wurden. Und dieses ist in jedem Anlandehafen der Fall. Ein durchaus noch nennenswerter Teil dieser getöteten Fische hätte einen Rückwurf durchaus überlebt. Besser wäre es allerdings, wenn dieser Beifang erst gar nicht entstehen würde. Darum muss es doch vielmehr, ja einzig und allein, gehen.
Die gut gemeinte Anlandeverpflichtung hat also als Nebeneffekt zur Folge, dass noch mehr untermaßige - ökologisch wertvolle - Jungfische in Massen aufgrund einer politischen EU Verordnung vernichtet werden. Zu glauben, dass die kommerzielle Fischindustrie nun insgesamt aber weniger Tonnen an Fisch anlandet / vernichtet ist sehr leichtgläubig. Es geht hier um viel Geld, es geht auch um Existenzen die finanziert werden müssen - also wird man kreativ. Ich glaube daher nicht daran, dass diese Maßnahme einen echten Beitrag zur Verbesserung der Bestände einbringt - ganz im Gegenteil.
Ein deutlich besserer Weg wäre es, ganz gezielt in die Fangmethoden der Fischereiindustrie einzugreifen - z.B. durch deutlich größere Maschenweiten, oder durch Beschneidung der Fangtechniken, der Fanggebiete. Der langfristige, ökologische Schaden den die Schleppnetzfischerei in Küstenmeeren verursacht ist immens - ganz im Gegenteil übrigens zur Freizeitfischerei. Die angesprochenen Maßnahmen würden natürlich nicht auf Gegenliebe bei den Fischereiunternehmen stoßen. Aber wenn es Ihnen (also der Politik) ernsthaft um Änderungen und höhere Nachhaltigkeit geht, müssen große Dinge geändert werden. Und zwar schnell, es ist fünf vor zwölf und jedes Jahr in dem nur rumgeeiert wird ist eines zu viel.
Sie schreiben von der Verpflichtung der Fischereiminister, Fangquoten nur innerhalb sicherer Grenzen festzulegen. Eine gute Sache, wenn sie denn auch wirklich umgesetzt werden würde.
Die tatsächlich gewährten Quoten werden aber seit Jahren immer über den strengen wissenschaftlichen Empfehlungen angesiedelt - mit dem bekannten Ergebnis, dass die Dorschbestände der Ostsee mittlerweile vor dem Kollaps stehen. Wie ich schon in meiner ersten Kritik schrieb, wurden nun aktuell den Anglern völlig abstruse Fangmengen beim Ostseedorsch unterstellt, die nun durch das Bag Limit reguliert werden. Es handelt sich um ein politisches - vermutlich durch die Fischereiindustrie initiiertes - Malen nach Zahlen.
Durch diese "Maßnahme" entsteht natürlich ein scheinbar schöner Effekt auf die Fangquote, so dass im Gegenzug bei der Vergabe der Quote für die Berufsfischer nicht "so hart" angepackt werden muss. Wenn Sie aber persönlich mal einen Angeltörn auf einem der (jetzt sterbenden) Ostsee Angelkutter unternommen hätten, wüssten Sie, dass die unterstellten Fangmengen völlig an den Haaren herbei gezogen sind. Gleiches gilt im übrigen auch für die populäre Brandungsangelei an den Stränden der Ostsee. Es kommt so gut wie nie vor, dass ein Angler an einem Tag tatsächlich 3-5 maßige Dorsche fangen kann.
In der Praxis ist tatsächlich so, dass nur die allerwenigsten Angler in den vergangenen Jahren die jetzt im Bag Limit geregelte Maximalfangemenge pro Tag überhaupt für sich verbuchen konnten. Da die Fangmengen nun aber gesetzlich geregelt sind, bleiben die regional wichtigen Angeltouristen - die zum Teil sogar aus dem Süden Deutschlands angereist sind - aus. Inhaltlich sicher nicht nachvollziehbar, weil die Angler ja auch früher nicht so viel gefangen hatten. Da man aber an einem (so gut wie nie vorkommenden) "Sternstundentag" dann nach dem 3. oder 5. maßigem Fisch mit dem Angeln aufhören muss, führt es dazu, dass die Angeltouristen auf die kostspielige Reise lieber verzichten. Die Folge wird sein, dass die Angelei vom Kutter in sehr kurzer Zeit aussterben wird - incl. der meisten betroffenen Familienbetriebe. Weitere Auswirkungen im touristischen Bereich sind unvermeidlich - schwer zu verdauen für eine Region, für die der Tourismus ein durchaus wichtiger Wirtschaftsfaktor ist.
Das Problem der Überfischung durch Maßregelungen bei Meeresanglern - auch nur anteilig - in den Griff bekommen zu wollen ist also schlicht und einfach nicht möglich, da der tatsächliche geplante Effekt überhaupt nicht vorhanden sein wird. Mir ist es schleierhaft, warum diese Erkenntnis der Politik nicht bekannt sein sollte.
Es ist allerdings so, dass viele regionale Angler die Bag Limit Regulierung - wenn auch kopfschüttelnd - in Kauf nehmen. Einerseits wirkt es sich aufgrund der sowieso nicht gegebenen Fangmengen in der Praxis ja nicht aus und andererseits ist man natürlich auch bereit seinen geforderten Beitrag zum Schutz des Dorsches beizutragen.
Ein guter, weil wirkungsvoller, Beitrag zum Schutz des Dorsches war allerdings die Schonzeit im Februar und März. Dieses war bekanntermaßen ein Beitrag, der vor allem bei der Berufsfischerei zu Einschränkungen führen würde. Und genau an diesem sehr wirkungsvollem Punkt wurde nun wieder ein Rückschritt gemacht. Das ist für uns Angler nicht nachvollziehbar. Dieser Salto rückwärts wird damit begründet, dass Dorsche nur in Tiefen über 20 Meter ablaichen und demnach die Dorsche, die sich in geringeren Tiefen aufhalten, nicht des Schutzes bedürfen.
Verzeihen Sie mir die Ironie, aber mir ist nun nicht bekannt, dass Dorsche einen eingebauten Tiefenmesser besitzen und wissen, dass sie im Februar und März besser nicht in Tiefen von unter 20 Meter schwimmen sollten. Bisher war das zumindest nicht so und es wurden und werden sehr wohl Dorsche mit deutlichem Laichansatz in den besagten flacheren Gewässertiefen gefangen. Und ein Dorsch mit Laich im Bauch, der auf 18 Meter Nahrung suchte und gefangen wurde, kann auf 30 Meter anschließend auch nicht mehr ablaichen.
Es handelt sich hier aus meiner Sicht daher nur um ein Scheinargument dem Sie folgen, welches sicherlich aus der kommerziellen Ecke vorgetragen wurde. Zumal eine tatsächliche Kontrolle über die Einhaltung der Tiefenvorgaben auch in der Praxis und auch mit VMS überhaupt nicht wirkungsvoll stattfinden kann und wird. Das zeigt die aktuelle Praxis bei der Stellnetzfischerei an deutschen Küsten, wo ganze Strandabschnitte in deutlich zu kurzem Abstand zur Küste von Stellnetzfischern zugestellt werden. Es kümmert keinen Behördenvertreter, sogar braun gefärbte Meerforellen werden wie selbstverständlich entnommen.
Ich kann durchaus nachvollziehen, dass auch Ihr Job als Politikerin nicht einfach ist. Insofern bitte ich um Entschuldigung, wenn meine Kritik Sie persönlich zu sehr getroffen hat.
Sie können es nicht allen Menschen und allen Interessen im gleichen Maße Recht machen, an dem Versuch würden Sie scheitern. Das aber müssen Sie auch nicht - aus meiner Sicht sollten Sie als Politikerin nicht primär darum bemüht sein Kompromisse zu suchen. Vielmehr sollten Sie und die Fischereiminister in diesem Fall - auch gegen große Widerstände - darauf drängen, dass die richtigen Maßnahmen zum Schutz und Wiederaufbau der Dorschbestände gefunden und auch konsequent umgesetzt werden. Völlig unabhängig von wirtschaftlich geprägten Interessen der Fischindustrie. Sie haben einen politischen Auftrag von Ihren Wählern erhalten, diesem und nur diesem müssen Sie gerecht werden.
Nur solange noch ausreichend Fisch vorhanden ist, kann man sich mit halbgaren Kompromissen über Wasser halten. Wenn es aber irgendwann in naher Zukunft zu spät ist und der Dorschbestand kommerziell zugrunde gefischt wurde, gibt es kein Zurück mehr. Beispielhaft sind die verschwundenen Dorschbestände vor der amerikanischen Ostküste (Cape Cod). Auch dort wurde so lange nach der Pfeife der Fischindustrie getanzt, bis es zu spät war. Aber man muss überhaupt nicht über den großen Teich schauen. Auch in der dänischen Ostsee (z.B. vor Djursland) ist schon seit Jahren von Anglern kaum noch ein Dorsch vom Ufer aus zu erbeuten. Der dortige Bestand wurde schon vor Jahren "erfolgreich" von der kommerziellen Fischerei vernichtet.
Und diese Sorge umtreibt uns Angler mehr und mehr. Erst werden auf Basis von nicht realistischen Fangzahlen nicht nachvollziehbare Kompromisse bei der (deshalb auch weiterhin zu hohen) Quotenvergabe getroffen und den Anglern ein Bag Limit auferlegt und plötzlich wird - ohne Not - ausschließlich im Sinne der kommerziellen Fischerei die sinnvolle Schonzeitenregelung wieder stark aufgeweicht.
Mir wird Angst und Bange, wenn ich sehe wie die letzten Dorschbestände der Ostsee - mit Unterstützung der Politik - systematisch überfischt und vernichtet werden.
Mit freundlichen Grüßen.
Stefan
Vermutlich interessiert es keinen Menschen in unserer politischen Landschaft, da eben andere, monetäre Interessen im Vordergrund stehen. Mir geht´s aber besser, dass ich meinen Brass mal jemanden um die Ohren hauen konnte.