Rundbrief zum Thema Dorsch- Frau Rodust (SPD)

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vatas-sohn
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Feb 2017 10 15:30

Rundbrief zum Thema Dorsch- Frau Rodust (SPD)

Beitrag von vatas-sohn

Hier ein Rundbrief der Frau Ulrike Rodust zu den Dorsch-Regelungen auf der Ostsee:

Sehr geehrte Damen und Herren,

in den vergangenen Tagen ist ein Sturm der Entrüstung durch die Anglergemeinde gegangen. Ich habe sehr viele Schreiben und Kommentare in den sozialen Medien erhalten, auf die ich gern eingehen möchte. Anlass war meine Pressemitteilung zu der sich abzeichnenden Entscheidung der Fischereiminister, die kleine Küstenfischerei unter bestimmten Bedingungen von der Dorsch-Schonzeit auszunehmen.

Als Abgeordnete des Europäischen Parlaments war ich an dieser Entscheidung des Fischereirats nicht beteiligt. Tatsächlich bin ich hier aber interessierte Beobachterin, da ich mich im Sommer als Moderatorin angeboten und Runde Tische zur Zukunft der Ostseefischerei organisiert hatte. Da es reichlich Missverständnisse nicht nur zu den Regelungen zum Dorschschutz zu geben scheint, sondern auch zu meiner Rolle dabei, möchte ich hier gerne einiges richtig stellen. Bitte sehen Sie es mir nach, dass ich Ihnen nicht einzeln antworte, denn viele ihrer Einwände ähneln sich. Ich werde deshalb die wichtigsten Ihrer Argumente aufgreifen und beantworten.

Aber zunächst zu meiner Person: Nachdem ich auf Seiten des Europäischen Parlaments federführend an der Erarbeitung der neuen Gemeinsamen Europäischen Fischereipolitik beteiligt war, habe ich mich in den letzten Jahren intensiv mit der Umsetzung dieser Reform für die Ostsee beschäftigt. Konkret bedeutet das die Mitarbeit am Ostseemanagementplan, der eine gemeinsame Grundlage dafür darstellt, wie die EU-Ostseeanrainer die Bewirtschaftung der Fischbestände in der Ostsee regeln. Genau hier endet dann auch meine formale Zuständigkeit. Natürlich interessiere ich mich aber dafür, wie sich die Entscheidungen aus Brüssel an den Küsten auswirken. Deshalb habe ich mich im Sommer angesichts der äußerst schwierigen Bestandssituation des westlichen Dorschs und den daraus resultierenden notwendigen Fangbegrenzungen als Moderatorin angeboten, um bei der Suche nach tragfähigen Lösungen für die Berufs- und Freizeitfischerei zu helfen. Das stellt mich nun in die Kritik, die wenn dann eigentlich an die Adresse der Fischereiminister zu richten wäre, die hier ja die Entscheidung getroffen haben. Da ich aber inhaltlich hinter den Ergebnissen der Runden Tische stehe, verteidige ich hier gerne den Ansatz einen zügigen Bestandsaufbau des Dorsches durch eine entsprechend gesenkte Gesamtentnahme sicher zu stellen.

Sie als Angler hadern nun erkennbar mit der vermeintlichen Ungerechtigkeit, dass Sie den größten Teil der Last der Dorschkrise tragen müssten. Das kann ich nicht nachvollziehen: Die Angler tragen nicht die wesentliche Last der Erholung – ihre Fangmengen wurden bis Ende 2016 überhaupt nicht und für 2017 erstmals reglementiert. Dazu kommt, dass die Reduktion bei den Anglern erheblich geringer ist als die der Berufsfischer in den vergangenen drei Jahren. Viele Angler nehmen die nun erfolgte Ausnahmeregelung für die Berufsfischerei als ungerecht wahr und übersehen dabei, dass auch für sie eine Ausnahme besteht: Sie können während der Laichschonzeit bis zu drei Dorsche pro Tag fangen. Außerdem ändert die Erlaubnis für die kleine Küstenfischerei nichts an der ja erheblich begrenzten Fangquote. Sie muss selbstverständlich weiter eingehalten werden. Der Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung ist lediglich, eine Milderung der wirtschaftlichen Folgen des Fangverbotes für die kleine Fischerei zu erreichen.

Aus einigen Ihrer Schreiben entnehme ich, dass Sie sich ebenfalls erhebliche Sorgen um den weiteren Bestand des Dorsches in der westlichen Ostsee machen. Anderen unter Ihnen geht es aber nicht um die Erholung eines kollabierten Bestandes, sondern um die Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Anglern einerseits und der kommerziellen Fischerei andererseits. Auf diese Diskussion werde ich mich nicht einlassen, denn an dem gegenseitigen Ausspielen der beiden Sparten werde ich mich nicht beteiligen und sehe auch keinen Sinn darin. Einige unter Ihnen sehen die Angler als Opfer meiner angeblichen Lobbyarbeit für die Berufsfischer, indem ich die Fangquote für Berufsfischer 30% höher zulasse als von den Wissenschaftlern empfohlen. Also bitteschön, da überschätzen Sie meinen Einfluss! Und wenn Sie mir schon Lobbyarbeit unterstellen, dann doch bitte für den Fisch, die dazu führt, dass Fischer und Angler an den erforderlichen Schonmaßnahmen beteiligt werden – weil am Ende nur ein erholter Bestand ausreichend Fisch für alle Beteiligten liefern kann.

Einige Fragen sind technischer Natur, da würde ich Sie bitten, sich künftig ans MELUR zu wenden. Die wichtigsten Antworten wurden bereits zusammen gestellt, Sie finden unter der folgenden Adresse: http://www.schleswig-holstein.de/DE/Fac ... nzung.html

Nun zu Ihren Fragen und Anmerkungen, die ich im Wortlaut aufführe. Die Fragen habe ich so beantwortet, dass die Antworten unabhängig von den anderen Antworten verständlich sind.

„Es ist so, für die Angler wurde eine Schonzeit eingeführt, in der sie nicht vom Ufer aus in den flacheren Gewässern fischen dürfen. Aber für die Berufsfischer wird eine Ausnahme gemacht. Die dürfen auch in dieser Zeit genau da fischen, wo es den Anglern (angeblich zum Schutz der Dorsche) verboten wurde.“

Wie oben bereits aufgeführt, gibt es auch für die Angelfischerei eine Ausnahme von der Laichschonzeit: Sie dürfen bis zu drei Dorsche pro Tag und Angler fangen. Diese Ausnahme ist mit erheblich weniger bürokratischem Aufwand verbunden als die Ausnahme für die Berufsfischerei, die eine solche Maßnahme beantragen und dann die Fangtätigkeit dokumentieren muss, um sicherzustellen, dass sie nicht tiefer als 20 m fischt. Eine pauschale Ausnahme von der Fangbeschränkung für Angler, die von der Küste aus fischen, wurde nach meinen Informationen im Herbst diskutiert, dann aber verworfen, weil fast kein Strandangler das jetzige bag limit von 5 Tieren (3 in der Laichschonzeit) erreicht. Die Laichschonzeit soll vor allem laichende Dorsche schützen, und die laichen in den tiefen Becken, nicht im Flachwasser.

„Zudem wurde für Angler ein unkontrollierbares Baglimit eingeführt und die rechnerisch entstandene Menge den Berufsfischern zugeschlagen. Erst müssen wir die Quote der Fischer mit tragen, und dann wird den Fischern erlaubt IN der Laichzeit weiter zu fischen, während die Angler nur 3 statt 5 Dorsche pro Tag entnehmen dürfen. Laichzeit = Schonzeit und daher NULL DORSCH für ALLE in diesem Zeitraum.“


Dieser Lösungsansatz (komplette Schließung ohne Ausnahmen) ist nachvollziehbar und sicher wirksamer, als diverse Ausnahmen von der Laichschonzeit für Angler und Berufsfischer zuzulassen.

Die Laichschonzeit umfasst nun aber den größten Teil der Hauptfangzeit der Berufsfischerei (75-85% der Anlandungen von Dorsch werden im ersten Quartal getätigt), und da gerade die kleinen Fahrzeuge keine Ausweichmöglichkeit in andere Seegebiete haben, käme eine solche Regelung einem Arbeitsverbot für 2 Monate gleich, mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen für die betroffenen Fischer und deren Angestellte.

Zudem ist der Einfluss der Fischerei auf das Laichgeschehen gering, wenn die Fischerei nicht auf Laichkonzentrationen stattfindet – und die finden vor allem in Gewässern tiefer als 20 m statt. Wenn also sicher gestellt wird, dass die Fischerei flacher als 20 m stattfindet, können die wirtschaftlichen Folgen für die Fischerei gemildert und dennoch die laichenden Dorsche geschützt werden.

Das bag limit für Angler ist leichter kontrollierbar als andere Schonmaßnahmen, es ist längst eingeführt z.B. in der Küstenfischerei auf Lachsartige (und wird hier offenbar ausreichend kontrolliert), sowie als Ausreise-Mengenbegrenzung u.a. in der norwegischen Dorschfischerei. Auch hier gibt es nach meinem Kenntnisstand keine erheblichen Probleme mit der Kontrollierbarkeit.

Im Übrigen gibt es auch von der Tourismusbranche ein Interesse, dass während der Nebensaison im Februar und März Angler an die Küsten kommen, die Angelfischerei also nicht komplett untersagt wird.

„Einige von Ihnen forderten ein ganzjähriges Fangverbot in den Hauptlaichgebieten.“

Ein ganzjähriges Fangverbot in den Hauptlaichgebieten ist nicht sinnvoll, weil sich der Dorsch nur während einer kurzen Zeit des Jahres dort aufhält. Angler wehren sich zu Recht gegen den ganzjährigen Ausschluss aus Natura2000-Gebieten, der gleiche Ansatz sollte dann aber auch für alle anderen Schutzgebiete gelten.

„Durch die Entscheidung, dass Kutter unter 15 m Länge weiterhin in der Laichzeit in flachen Gewässern fischen dürfen, wird der notwendige Schutz des Dorsches erheblich eingeschränkt. Den Schutz der flachen Küstengewässer als unnötig zu bezeichnen, ignoriert vollkommen den notwendigen Aufwuchs der Dorsche in allen Alters- und Größenklassen.“

Jede Ausnahme schränkt den Schutz des Dorsches ein.

Das Ziel der Laichschonzeit ist es allerdings, die großen Dorsche in Ruhe Nachwuchs produzieren zu lassen – und dies geschieht vor allem in Gewässern tiefer als 20 m. Der Schutz der aufwachsenden Tiere viele Monate später, erfolgt nicht durch regionale Schließungen, sondern durch die stark reduzierten Fangmengen für Fischer und Angler. Diese Jungtiere sind weit verteilt. Um sie anders zu schützen, müsste der größte Teil der westlichen Ostsee für alle Methoden das ganze Jahr geschlossen werden. Das wollen wir aber nicht, unser Ziel ist die nachhaltige Bewirtschaftung.

„Es gibt in der westlichen Ostsee nicht viele Bereiche, die tiefer als 20 Meter sind. Fische, die in den „flachen“ Bereichen gefangen werden, sind im Februar und März alle voller Laich, denn sie schwimmen dort, bevor sie in den tiefer gelegenen Bereichen über 20 Meter ablaichen.“

Die Gebiete tiefer als 20 m sind größer, als viele glauben – siehe anhängende Karte (Gebiete tiefer als 20 m in rot). Beispielsweise ist in der Lübecker Bucht die 20 m-Linie nur wenige Kilometer von der Küste entfernt.

Das Ziel der Laichschonzeit ist es, die Dorsche während des Laichgeschäftes nicht zu stören und eine Fischerei auf Laichkonzentrationen zu vermeiden. Es geht nicht darum, möglichst viele Laichdorsche überleben zu lassen – dies wird durch die Fangmengenbeschränkung erreicht. Dorsche produzieren so unwahrscheinlich viel Nachwuchs (100.000e bis Millionen von Eiern pro Weibchen), dass schon ein kleiner Prozentsatz erfolgreich laichender Dorsche für eine schnelle Bestandserholung sorgen kann. Natürlich dauert der Aufbau des Laichs viele Monate, und kurz vor der Laichzeit sind reife Fische auch im Flachen zu finden. Sie sind hier aber nicht annähernd so konzentriert wie während des eigentlichen Laichvorgangs und damit auch nicht massenhaft zu fangen.

„Was den Dorschen wirklich helfen würde, ist ein vernünftiges Mindestmaß. Nicht die jetzt geltenden 38 cm sondern mindesten 45 cm, so dass die Fische in ihrem Leben sicher mindesten einmal ablaichen können.“

Alte, große Fische tragen erheblich mehr zum Aufbau einer Population bei, nicht nur weil sie mehr Laich produzieren, sondern auch weil ihre Nachkommen erfolgreicher sind. Es kann also viel mehr für den Bestandsaufbau getan werden, wenn man die alten Tiere schützt, statt darauf zu achten, dass ein Dorsch einmal im Leben laichen kann. 60 Erstlaicher liefern so viel Nachwuchs wie ein 8 Jahre altes Weibchen.

Insgesamt sollte der Fischereidruck so niedrig sein, dass genügend kleine Fische groß werden können und gleichzeitig genügend große Fische für den Bestandsaufbau übrig bleiben.

Eine Erhöhung des Mindestmaßes war für Angler im Gespräch, wurde dann aber verworfen, weil es verwaltungstechnisch nicht umsetzbar war.

„Einige Schreiber meinten, dass mit der neuen Regelung in Kauf genommen, dass der Dorsch in der Ostsee in diesem Jahr von den kommerziellen ganz legal ausgerottet wird.“

Der Dorsch wird ganz sicher nicht ausgerottet, auch wenn der Bestand wie jetzt in sehr schlechtem Zustand ist. Das Thünen-Institut geht immer noch von über 22 Millionen erwachsenen Dorsche in der westlichen Ostsee aus. Die Ausnahmen für die Berufs- und Freizeitfischerei sind so gestaltet, dass sie die Folgen der Laichschonzeit für beide abmildern und dennoch das Ziel der Schonzeit sicherstellen: die ungestörte Vermehrung der Laichdorsche und die Vermeidung der Fischerei auf Laichkonzentrationen.

„Kutterfischer richten erheblichen ökologischen Schaden mit ihren Rollnetzen auf dem Meeresgrund an. Die Lübecker Bucht wurde bereits im Januar täglich von deutschen, dänischen und polnischen Kuttern und Trawlern regelrecht umgepflügt. Gefangen wurde überwiegend Laichdorsch.“

Auf Weichböden richten die meisten Grundschleppnetze keinen „Schaden“ an. So beträgt die Eindringtiefe von Grundschleppnetzen in den Meeresboden nur einen Bruchteil der Eindringtiefe eines Pfluges in der Landwirtschaft.

Dagegen sind schwere Geräte wie Baumkurren in der Ostsee verboten. Fanggeräte wie Stellnetze haben zwar einen deutlich geringeren Einfluss auf den Meeresboden, fangen dafür aber unbeabsichtigt Seevögel und Schweinswale bei, die in Schleppnetzen nicht zu finden sind.

Letztlich hat jede menschliche Aktivität Auswirkungen, auch die Fischerei. Es muss darum gehen, die Auswirkungen so weit wie möglich zu reduzieren, und da können je nach Gebiet, Zielart und Beifang Schleppnetze die nachhaltigste Fischereimethode sein.

Die Laichschonzeit ist nun mit 8 Wochen ausreichend lang, um die Haupt-Laichperiode abzudecken – natürlich gibt es auch davor und danach noch Laichaktivitäten, aber wesentlich geringer. Wenn alle Laichdorsche geschützt werden sollen, müsste man die westliche Ostsee 5 Monate lang fischereifrei machen, einschließlich der Angelfischerei. Damit wird wenig mehr getan für den Dorschbestand als bei der jetzigen zweimonatigen Schonzeit.

Laut Thünen-Institut sind in der Lübecker Bucht hauptsächlich deutsche Fischer aktiv; polnische Fahrzeuge fischen dort gar nicht.

„Für viele Angler ist klar, der Dorsch muss geschützt werden, damit sich die Bestände erholen können. Während der Laichzeit sollte ein generelles Verbot gelten, auch für die Angler, dass kann jeder nachvollziehen. Ein nachhaltiger Schutz kann nur gelingen, wenn alle gemeinsam Verzicht üben und nicht an allen Ecken und Enden versucht wird, Sonderregelungen zu erreichen.“

Dieser Aussage kann ich nur zustimmen – dennoch müssen wir versuchen, die teilweise existenzbedrohenden Folgen der Laichschonzeit für die Fischerei soweit es geht zu mildern, wenn es dazu Möglichkeiten gibt, ohne das Ziel der Laichschonzeit erheblich zu gefährden. Die Ausnahme für Fischereien, die nachweislich nur im flachen Wasser durchgeführt werden, in dem es keine Laichkonzentrationen für Dorsch gibt, ist daher ein akzeptabler Weg.

Im Übrigen gibt es auch von der Tourismusbranche ein Interesse, dass während der Nebensaison im Februar und März Angler an die Küsten kommen, die Angelfischerei also nicht komplett untersagt wird.

„Angler sind nicht die Verursacher der gegenwärtigen Bestandssituation, würden dann aber doppelt benachteiligt.“

Die deutschen Angler sind für die derzeitige Bestandssituation ebenso mit verantwortlich. Warum Angler doppelt benachteiligt sein sollen, ist mir nicht klar: Ihre Fangmengen wurden bis Ende 2016 überhaupt nicht und für 2017 erstmals reglementiert. Die Fangmengen wurden für Angler in 2017 erheblich geringer reduziert als für die Berufsfischerei, was ihrer besonderen wirtschaftlichen Bedeutung Rechnung trägt.

Zudem haben die Angler eine Ausnahme von der Laichschonzeit (nur 3 statt 5 Tiere pro Tag und Angler) sowie eine administrativ erheblich weniger aufwändige als die für die Berufsfischerei eingeführte.

„Die Freizeitangler verzichten zu Gunsten der Fischer. Die Fischer räumen nun weiter den Laichdorsch ab. [...] Deshalb ist diese Entscheidung kontraproduktiv.“

Angler verzichten zugunsten der Fischer, und Fischer verzichten zugunsten der Angler: Die Entnahmen der Berufsfischerei und der Angler haben den Dorschbestand in die jetzige Situation gebracht, deswegen ist es auch gerecht und sinnvoll, dass sich beide Sektoren am Wiederaufbau des Bestandes beteiligen. Damit die Fischer, die mit der Ausnahmeregelung auch in der Laichschonzeit fischen dürfen, die Laichdorsche nicht „abräumen“, dürfen sie nicht in den tiefen Bereichen der westlichen Ostsee fischen, in denen sich die Laichdorsche nachweislich während der Laichzeit konzentrieren.

„Wie können Sie den Freizeitanglern eine Schonzeit verordnen und den Nebenerwerbsfischern nicht? Diese sind für den Rückgang der Bestände ebenso verantwortlich. Hier wird maximal selten kontrolliert, wieviel und in welchen Größen gefangen wird.“

Die Laichschonzeit gilt auch für die Nebenerwerbsfischer. Wie für die Angelfischerei, die in der Laichschonzeit bis zu drei Dorsche pro Tag und Angler anlanden darf, gibt es aber eine Ausnahme: Auf Antrag dürfen Fahrzeuge unter 15 m Länge fischen, wenn sie dies nicht tiefer als 20 m tun Zudem dürfen sie auch keine leistungsfähigen Schleppnetze haben und müssen zudem verpflichtend mit VMS ausgestattet sein. Hier sammeln sich die laichenden Dorsche, für deren Schutz die Laichschonzeit eingerichtet wurden. Die Fänge der Nebenerwerbsfischer sind sicher nicht der wesentliche Grund für den Rückgang des Dorschbestandes der westlichen Ostsee – dafür sind es zu wenige Fischer und deren Fangmengen sind zu gering. Sie haben aber recht, dass dieses Fischereisegment deutlich besser kontrolliert werden sollte.

„Es gibt in den schleswig-holsteinischen Häfen nur 4 Trawler über 15 Meter, der ganze Rest der Kutterflotte wird nun den Dorschbestand vernichten. Als Folge dessen wird die küstennahe Tourismusbranche durch ausbleibende Angler leiden.“

Eine 8-wöchige Laichschonzeit allein würde die Erholung des Bestandes nicht sicherstellen, auch wenn es keine Ausnahmen gäbe. Deshalb sind die Fangmengen für die Angelfischerei und noch drastischer für die Berufsfischerei (-56%) gesenkt worden.

Die Ausnahme für Fischereien, die nachweislich nur im flachen Wasser durchgeführt werden, in dem es keine Laichkonzentrationen für Dorsch gibt, ist daher akzeptabel – ebenso übrigens wie die Ausnahme für die Angler, die ja auch in der Laichschonzeit weiter fangen dürfen, wenn auch nur 3 statt 5 Tiere pro Tag und Angler. Denn genau diese Ausnahme für Angler zielt ja darauf ab, dass Angler auch weiterhin in der Nebensaison an die Küsten kommen.

„Wenige leben von der Fischerei als Haupterwerb. Der Angeltourismus und die volkswirtschaftlich gesehen deutlich werthaltigere Angelindustrie wird dabei auch nicht berücksichtigt.“

Es leben an der deutschen Ostseeküste immer noch mehr Fischer vom Fischfang als Angelkutter von den Angeltouristen. Für unsere Küstenbundesländer repräsentiert die Berufsfischerei und auch die Angelfischerei unser maritim-kulturelles Erbe. Es geht also nicht darum, diese beiden Sektoren gegeneinander auszuspielen, sondern ihre wirtschaftliche Bedeutung zu erkennen und zu fördern, daher verwahre ich mich auch dagegen, die gewerbliche Küstenfischerei als „Nostalgie“ abzutun. Es profitieren beide Sektoren davon, wenn Hafenstandorte erhalten und saniert werden. Die besondere wirtschaftliche Bedeutung des Angeltourismus wird sehr wohl berücksichtigt – genau deshalb wurden die Fangmengen der Berufsfischerei weit mehr reduziert als die der Freizeitfischerei.

Die Berufsfischerei versorgt auch Verbraucher und Gastronomie mit dem wertvollen Lebensmittel Fisch. Bei einem gesunden Bestand ist genug Fisch für alle da. Mit den jetzt beschlossenen Maßnahmen wollen wir dieses Ziel erreichen.

„Für die Fischer gibt es Ausgleichszahlungen. Was gibt es für die Kutterbetreiber oder Vermieter von Kleinbooten?“

Ausgleichszahlungen des Landwirtschaftsministeriums sind nur für Fangeinbußen und damit nur für die Berufsfischerei möglich. Angelkutterbetreiber und Bootsvermieter fürchten dagegen Umsatzeinbußen durch ausbleibende Angeltouristen, die nur mittelbar wegen der Fangbeschränkungen und/oder der schlechten Fänge nicht vielleicht nicht kommen.

Die Hilfen für die Berufsfischerei sind ebenfalls stark beschränkt und nur dazu gedacht, solche Betriebe vorübergehend über Wasser zu halten, die eigentlich überlebensfähig sind, aber die nächsten zwei Jahre nicht überstehen würden.

„Erst werden den Meeresanglern an der Ostsee Fangbeschränkungen aufgrund von durchaus fragwürdigen Bestandserhebungen aufgedrückt. Kaum wedelt aber die Berufsfischerlobby mit dem Finger (oder etwa doch dem Geldbeutel??), findet sich ein scheinheiliges Schlupfloch.“

Es ist Ihre subjektive Ansicht, dass die Bestandsberechnungen des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) „durchaus fragwürdig“ sind. Trotz einiger Unsicherheiten (hier bis zu 20%), die in der Meereswissenschaft wegen der großen Ausdehnung des Gebietes und der vergleichsweise winzigen Stichproben unvermeidlich sind, sind dies die besten uns für politische Entscheidung zur Verfügung stehenden Daten. Die Unsicherheiten müssen bei der Bewirtschaftung berücksichtigt werden, die Zahlen aber wegen der Unsicherheiten ganz abzulehnen, bringt uns alle nicht weiter.

Interessanterweise werden derartige „Beschwerden“ immer nur geäußert, wenn es einem Fischbestand schlecht geht und Ressourcennutzer Einschränkungen hinnehmen müssen – sobald ein Bestand im guten Bereich ist (ermittelt mit den gleichen Methoden, die Sie kritisieren), verstummt die Kritik. Sowohl den Meeresanglern wie der Berufsfischerei wurden Fangbeschränkungen „aufgedrückt“, damit der Bestand sich schnell erholen kann, dass ist Sinn und Zweck der Maßnahmen. Sie schimpfen über die Berufsfischerlobby? Nach meinen jüngsten Erfahrungen ist die Anglerlobby in Deutschland wesentlich einflussreicher ist als die Berufsfischerlobby.

„Es gibt umfangreiches Videomaterial vom fischverachtenden Umgang mit den Fängen. Fische die zu klein sind, werden in Massen tot entsorgt – der nächste Hol könnte ja besser werden, maßige Fische, die tot im Stellnetz hängen werden ebenfalls entsorgt – ohne sich auf die Fangquote auszuwirken. Die Fangmengen der Hobbyangler werden dagegen großzügigst und völlig realitätsfern nach oben gerechnet.“

In der Ostsee ist der Rückwurf von gefangenen Dorschen seit dem 1. Januar 2015 nicht mehr erlaubt, alle Fische müssen angelandet und auf die Quote angerechnet werden. Natürlich gibt es – wie überall, auch bei den Anglern – auch unter den Fischern solche, die sich nicht an die Regeln halten. Allerdings ist mir gerade in der Dorschfischerei in der westlichen Ostsee nichts über systematische Regelverletzungen bekannt geworden.

Die Fänge der Angler werden nach international anerkannten und immer wieder überprüften Methoden erhoben und hochgerechnet. Die Realitätsnähe wird durch parallele, unabhängige Erhebungen immer wieder verifiziert. Möglicherweise decken sich die wissenschaftlichen Ergebnisse nicht mit der Wahrnehmung einiger Angler.

„Gerade in dieser Region sind sehr viele untermaßige Fische unterwegs, welche dann als toter Beifang wieder über Bord gehen und in keiner Fangquote erscheinen. Genau hier sollte angesetzt werden. Also bitte entweder Schonzeit, dann aber für alle, oder Schonmaße für Netz- und Leinenfischer runter, um den Beifang zu verwerten und für Angler rauf, da schonen im Flachwasser genagelt und überlebensfähig. Nur so kann meiner Meinung nach etwas erreicht werden.“

Das wesentliche Problem des Dorschbestandes der westlichen Ostsee ist ja gerade, dass der Nachwuchs 2015 ausgeblieben ist. Es gibt daher, anders als Sie wahrnehmen, besonders wenige untermaßige Tiere und daher auch fast keine Fänge und Rückwürfe solcher Dorsche – der Rückwurf ist ohnehin seit dem 1. Januar 2015 illegal. Seither müssen alle Dorschfänge angelandet und auf die Quote angerechnet werden. Gleichzeitig wurde, genau ihrem Vorschlag entsprechend, das Mindestmaß für die Vermarktung (nicht für die Anlandung, denn alle Fänge müssen angelandet werden) von 38 auf 35 cm (Geschlechtsreife!) reduziert und damit die bisher untermaßigen Fänge, die vorher über Bord gegeben werden mussten, um 90% reduziert. Die Heraufsetzung der Mindestlänge in der Angelfischerei wurde ausführlich diskutiert und für sinnvoll befunden, konnte dann aber aus administrativen Gründen nicht umgesetzt werden – die Änderung der Regularien würde Jahre dauern und dem Dorschbestand damit jetzt nicht helfen können.

„Wie können ein paar Angler in den Wintermonaten in der Ostsee eine Dorsch Bestandserholung gefährden?“

Leider (aus Sicht des Dorsches, glücklicherweise aus Sicht des Tourismus) sind es eben nicht „ein paar Angler“, sondern viele Tausend, die auch bei geringen individuellen Fängen insgesamt einen großen Einfluss auf die Bestandsentwicklung des Dorsches haben. Über 160.000 Angler haben im Mittel der letzten drei Jahre an der Ostsee geangelt, viele davon auch in den Wintermonaten.

Ich bedaure es sehr, dass es zwischen den Anglern und mir zu solch eklatanten Missverständnissen gekommen ist. Ich bedaure darüber hinaus, dass einige aus Ihren Reihen nicht vor herabwürdigenden Äußerungen per Mail oder in den sozialen Medien zurückschrecken. Das verstehe ich nicht unter einer fairen Kommunikation. Genau an einem solchen offenen Austausch habe ich aber nach wie vor ein großes Interesse!

Herzliche Grüße

Ulrike Rodust


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Ostseefisch
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Rundbrief zum Thema Dorsch- Frau Rodust (SPD)

Beitrag von Ostseefisch

Das übliche Wörthülsenbingo sonst nichts.

Thomas
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MarioSchreiber
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Feb 2017 11 07:17

Rundbrief zum Thema Dorsch- Frau Rodust (SPD)

Beitrag von MarioSchreiber

Viel "Bla Bla" ...
Kernaussage von ihr bleibt "Ich bin nicht schuld !"

Das hier verstehe ich z:B. nicht :
Eine Erhöhung des Mindestmaßes war für Angler im Gespräch, wurde dann aber verworfen, weil es verwaltungstechnisch nicht umsetzbar war.
Die Heraufsetzung der Mindestlänge in der Angelfischerei wurde ausführlich diskutiert und für sinnvoll befunden, konnte dann aber aus administrativen Gründen nicht umgesetzt werden – die Änderung der Regularien würde Jahre dauern und dem Dorschbestand damit jetzt nicht helfen können.
Kurze Ansage "Mindestmaß ab heute 45 cm." und ab ginge es !
Kontrolle und Strafen wie bisher ... Wo ist das Problem ?
Abgesehen davon das zu selten kontrolliert wird ! ;)
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vatas-sohn
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Rundbrief zum Thema Dorsch- Frau Rodust (SPD)

Beitrag von vatas-sohn

MarioSchreiber hat geschrieben: 11. Feb 2017, 07:17...
Kurze Ansage "Mindestmaß ab heute 45 cm." und ab ginge es !
Kontrolle und Strafen wie bisher ... Wo ist das Problem ?
Abgesehen davon das zu selten kontrolliert wird ! ;)
:daumen:

Ich habe mir die Tage mal die Dorschzahlen der ICES, des Thünen Institutes und des Fischwirtschaftsverbandes angesehen. Das ist vielleicht ein Zahlenwust- erst Recht, wenn man des Englisch nicht sooo mächtig ist. Naja. Aussage bleibt wie gehabt: Die Berufsfischerei hat mit dazu beigetragen daß es dem Dorsch in der westl. Ostsee so geht, wie es geht. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Aspekt sind Umwelteinflüsse. So ist z.B. durch bestimmte Wettersituationen ein kompletter Jahrgang ausgefallen. Und das nicht nur einmal!
Während nach den vorliegenden Anlandezahlen der Fischer auf Grundlage der EU-Quotierung stetig sanken, stiegen die Fangzahlen der Anglerschaft in der Summe nur leicht an. Das führte dann unweigerlich dazu, daß man die Aussage treffen konnte, die Angler fingen etwa genau so viel wie die Fischer, zeigt aber auch den Mitverursacher der Misere.

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Quelle: https://www.thuenen.de/media/ti-themenf ... faenge.png
Grüße! :cap:
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Feb 2017 11 09:31

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Beitrag von MarioSchreiber

Ich habe in einem anderen Forum eine interessante Frage an Fr. Rodust gelesen.
Leider ist sie nicht darauf eingegangen.

Würden die Fischer weiter wie in den vergangenen Jahren fische dürfen, und das angeln komplett verboten werden, würde sich der Bestand erholen ?

Würden die Angler weiter ohne Einschränkung angeln dürfen, und die kommerzielle Fischerei verboten werden, würde sich der Bestand erholen ?
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Beitrag von Ostseefisch

Die Tabelle ist eher fragwürdig, alleine die Tatsache das angebliche einige Jahre lang immer genau 300 Tonnen zurückgeworfen wurden zeigt das da was faul ist.

Als ich mir die ices Zahlen angeschaut habe war der Rückwurf der Ficher jahrelang höher als der Fang der Freizeitfischer.

http://www.ices.dk/sites/pub/Publicatio ... d-2224.pdf

Jahr Fischerei Rückwurf Freizeit
2005 16845 3186 2835

Thomas
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Beitrag von Sturmmöwe

MarioSchreiber hat geschrieben: 11. Feb 2017, 09:31 Ich habe in einem anderen Forum eine interessante Frage an Fr. Rodust gelesen.
Leider ist sie nicht darauf eingegangen.

Würden die Fischer weiter wie in den vergangenen Jahren fische dürfen, und das angeln komplett verboten werden, würde sich der Bestand erholen ?

Würden die Angler weiter ohne Einschränkung angeln dürfen, und die kommerzielle Fischerei verboten werden, würde sich der Bestand erholen ?
Moin !
Irgendwie erschließt sich mir der Sinn der Fragestellungen nicht. Kann es sein das bei beiden Fragen das Wort "nicht" zwischen Bestand und erholen stehen müsste ?
Dann wäre es tatsächlich eine interessante Frage.
Gruss Ulf
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Beitrag von Ostseefisch

Nein das ist schon richtig so :-)

Thomas
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Feb 2017 12 05:17

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Beitrag von MarioSchreiber

Würden die Fischer weiter wie in den vergangenen Jahren fische dürfen, und das angeln komplett verboten werden, würde sich der Bestand erholen ?
Garantiert nicht !
Würden die Angler weiter ohne Einschränkung angeln dürfen, und die kommerzielle Fischerei verboten werden, würde sich der Bestand erholen ?
Sehr wahrscheinlich ja !
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